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Musik & Tanz

Zu Gast bei Bağlama-Spielerin Petra Nachtmanova

Es gibt viele Türken oder Deutsch-Türken, die Pop oder Hip Hop machen. Die wenigsten allerdings kommen auf die Idee, ein türkisches Instrument zu lernen und anatolische Volkslieder zu singen. Petra Nachtmanova ist so eine Ausnahmemusikerin. Die Deutsch-Polin spielt das in Europa wenig bekannte Instrument Bağlama (auch Saz genannt), mit dem sie traditionelle türkische Lieder singt – sogenannte Türkü. Wir sprachen mit Petra über Ihre Liebe zu türkischer Musik und die Entstehung der Doku SAZFilm.

Am 15.10.16 in der Bibliothek am Luisenbad kann man Petra bei unserem Liebes Wedding-Literaturabend Live spielen hören. Seid dabei! Hier zur Facebookveranstaltung. Weitere Infos gibts unten im Artikel.


Petra, kannst Du dich erinnern, wann und wo Du das erste Mal eine Bağlama in der Hand gehalten hast?

Es war auf jeden Fall in Berlin. Ich hatte aber schon vor meiner Zeit in Berlin einige griechische Freunde und einer dieser Freunde hat mir seine gesamte türkische Musiksammlung kopiert. Das war vor allem türk sanat müziği (Türkische Kunstmusik). Zu diesem Zeitpunkt kannte ich schon persische klassische Musik; das hat erst mal nicht viel mit der Bağlama zu tun. Dann bin ich nach Berlin gezogen und hatte eine Mitbewohnerin, die einige CDs von Âşık Veysel zu Hause hatte. Das muss wahrscheinlich das erste Mal gewesen sein, dass ich bewusst Bağlama-Musik gehört habe. Âşık Veysel hat mich sicherlich inspiriert und beeinflusst.

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Die orientalische Rhythmik und die vielen Spieltechniken machen die Bağlama zu einem Instrument, das nicht gerade leicht zu erlernen ist. Warum hast Du dich ausgerechnet für dieses Instrument entschieden?

Es ist schwer für jemanden, der nicht mit dieser Musik aufgewachsen ist. Ich musste mich an neue Rhythmen und Töne gewöhnen, die es in der europäischen Musik nicht gibt. Letztendlich hat mich vor allem der Klang dieses Instruments sehr fasziniert. Aber auch die Form, wie dieses Instrument gespielt wird, hat mich inspiriert. Es geht bei einem Türkü nämlich darum, eine Message musikalisch zu begleiten. Es ist also ein Instrument, das von Menschen gespielt wird, die wirklich etwas zu sagen haben.

Du bist schon mal im türkischen Fernsehen aufgetreten. Wie kam es dazu?

Der Sender TRT hat mich eingeladen, da sie von meinem Filmprojekt über die Bağlama bescheid wussten. Ich wurde gefragt, ob ich nicht bei Türkçe Vizyon, einem Pendant zum Eurovision Song Contest, auftreten möchte. Ich habe spontan zugesagt. Dann kam eine Mail, ich solle ihnen doch bitte meine Playback-Aufnahme zuschicken. Ich habe denen gesagt, dass ich nur live spiele. Die anderen Musiker aus den Turkländern oder vom Balkan spielten tatsächlich zu Playback, ich aber saß da alleine mit meiner Saz und habe live gespielt. Es war super schön, die ganzen Musiker zu kennenzulernen, die teilweise in ihren Heimatländern richtige Stars sind.

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Dein Freund Stephan Talneau ist Dokumentarfilmer. Zusammen arbeitet Ihr aktuell an einer Doku über die Bağlama. Wie seid Ihr auf die Idee gekommen und was können die Zuschauer von „SAZFilm“ erwarten?

Unter anderem hat uns das „Jahr der Bağlama“ inspiriert. Jedoch war ursprünglich die Idee, zusammen mit Peter McMurray, einem amerikanischen Wissenschaftler, das Thema Bağlama als Forschungsprojekt anzugehen. Aber dann meinte Stephan, wir sollten gleich einen Film machen. Im größeren Format hat es das bisher noch nicht gegeben. Wir wollen meine Reise auf den Spuren der Bağlama dokumentieren. Für uns beide ist das eine riesige Herausforderung. (Anmerkund der Redaktion: Der Film erscheint 2017. Mehr Infos hier.)

Wohin soll euch diese Reise führen?

Von Berlin aus wollen wir in die Balkan-Länder, wo es noch Spuren der Bağlama-Kultur gibt, und in die Türkei nach Erzurum oder Kars. Wenn der Krieg nicht dazwischen gekommen wäre, wären wir auch in den Nord-Irak bis nach Kerkük gereist, aber das sieht momentan sehr schlecht aus. Geplant ist außerdem, durch den Süden Georgiens zu reisen, wo eine aserbaidschanische Minderheit lebt. Von dort weiter nach Aserbaidschan und in den Norden Irans. Wir wollen – auch im symbolischen Sinne – den Weg der Bağlama verfolgen.

Ihr seid für den Film auch schon zu den „Aşiqs“, sogenannten Volksliedsängern, nach Aserbaidschan gereist.

Genau. Wir haben tolle Bilder gemacht, super Musiker kennengelernt und sind richtig in die Aşiq-Kultur Aserbaidschans eingetaucht. Die ist deutlich anders als die in der Türkei.

Inwiefern?

In der Türkei kann man nicht sagen: Ich werde jetzt Aşık. Mit etwas Glück bezeichnen einen andere vielleicht irgendwann als Aşık. Aber in Aserbaidschan ist das ein ganz normaler Beruf. Dort gibt es dafür extra Aşiq-Schulen. Man kann das also lernen und darin ausgebildet werden. Dabei gilt es, sich ein traditionelles Repertoire aus Musikstücken und Gedichten anzueignen. Teilweise sind das richtige Epen, die bis zu drei Tage dauern. Allerdings ist es kein besonders gut bezahlter Beruf. Viele Aşiqs spielen auf Hochzeiten oder anderen Feiern. Manche werden Lehrer. Nur die berühmten Aşiqs verdienen wirklich Geld damit.

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Die „Türkü“, die auf der Baglama gespielt und gesungen werden, haben für Türken eine sehr emotionale Bedeutung. Was bedeuten die Lieder für Dich persönlich?

Das hängt natürlich immer vom Lied ab. Aber ich fühle da schon mit. Bei Liebesliedern ist es besonders einfach (lacht). Es kann aber auch passieren, dass ich ich manche Texte falsch verstehe. Ich versuche mit den Texten intensiv zu arbeiten, damit ich weiß, was inhaltlich gemeint ist. Das ist oft sehr schwer. Vor allem bei den alevitischen Liedern geht es sehr tief in die Symbolik. Und auch bei den sozialkritischen Aşık-Texten bin ich oft verwirrt. Ich hole mir dann Hilfe von Muttersprachlern. Es ist ein bisschen so, als würde man Gedichte interpretieren.

Hast Du einen Traum, mit wem Du gerne mal zusammen auf einer Bühne stehen würdest?
Meine Lieblingsmusiker würde ich auf der Bühne gar nicht stören wollen!

Am 15.10.16 kann man Petra bei unserem Liebes Wedding-Literaturabend live erleben. Außerdem lesen Matthias Nawrat („Die vielen Tode unseres Opas Jurek“), Alexandra Tobor („Minigolf Paradiso“) und Salome Dastmalchi (für Deniz Utlu „Die Ungehaltenen“) an dem Abend aus den Romanen und diskutieren anschließend mit der freien Autorin Ebru Taşdemir, inwiefern sie ‚für uns’ und ‚für euch’ reisend und schreibend unterwegs sind.

Hier geht’s zum Facebook-Event.

 

Credits
Text: Deniz Kılıç
Fotos: Ömer Mutlu

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