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Bühne & Schauspiel

RebellComedy macht sich nicht zum Affen

Es soll tatsächlich Menschen in Deutschland geben, die RebellComedy noch nicht kennen: Diese verrückte Crew aus professionellen Chaoten, die mit ihrer aktuellen Show „Deutscher Frühling“ seit Anfang Dezember auf Tour sind und die deutsche Comedyszene schon bald verändern werden.
Aus dem und vielen weiteren Gründen war ich für renk. zu Gast bei RebellComedy im Savoy Theater in Düsseldorf. Ich sprach mit Usus Mango und Gondebak, den Gründern von RebellComedy und den Comedians Benaissa, Pu und Özcan Coşar über den speziellen RebellComedy-Humor, ihre Vorbilder, ihr Publikum und ihre Erfahrungen in der deutschen Comedyszene.

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„Deutscher Frühling“

Bereits vor Wochen ist die Show ausverkauft. Die große und bunte Menschenmenge, die schon vor Einlass zur Show am Eingang ungeduldig wartet, setzt sich aus den glücklichen 600 Ticketbesitzern zusammen. Auch im Backstagebereich ist viel los. Dort trifft man auf die Rebellen und Rebellas: den Stand-up-Comedians, den Gastmusikern, den Fotografen und dem ganzen Management. Sie sind aufgeregt, manche proben noch oder unterhalten sich, andere ziehen sich zurück, um sich mental auf den Auftritt vorzubereiten. Die Erwartungen sind schließlich sehr hoch.
Die Gäste werden langsam hereingelassen und im Saal musikalisch von DJ Wati empfangen. Er ist ein fester Bestandteil der großen RebellComedy Familie und steht hinter seinem DJ-Pult auf der Bühne. Endlich geht es los! Das Publikum darf ein dreistündiges Bauchmuskeltraining mit insgesamt 10 Comedians und einem Live Musik-Act in der 15-münitigen Pause erleben. Der Saal tobt vor Begeisterung und es wird nach Zugaben geschrien. Nach der Show wird weiter gelacht, Fotos mit den Comedians gemacht und Autogramme gesammelt.

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„Wir wollten Comedy machen, über die wir selbst auch lachen können!“ (Gondebak)

Doch es war ein langer Weg bis zu diesem Durchbruch. Die Idee zu RebellComedy entstand 2005 und erst zwei Jahre später feierten sie ihre Premiere in ihrer Heimatstadt Aachen. Usus Mango und Gondebak, die Initiatoren, trafen auf Benaissa, der sich selbst als „das Versuchskaninchen von RebellComedy“ bezeichnet. Sie bilden das Trio fatal. Usus, bürgerlich Usama Elyas, erzählt, dass sie ihr Projekt bereits 3-4 mal einstampfen wollten. „Wir haben lange gewartet und sind jetzt endlich groß geworden. Für uns persönlich ist das echt krass!“ Das ist bereits ihre dritte Tour mit einem professionellen Management und ausverkauften Shows. Gondebak ist für die Regie zuständig und sagt: „Wir wollten einfach Comedy machen, über die wir selbst auch lachen können!“ Die RebellComedy Familie bekommt von Jahr zu Jahr Zuwachs an neuen Comedians und bringt ein ebenfalls bunt gemischtes Publikum zum Lachen. Usus kommentiert das auf seine spezielle Art: „Das Publikum wird immer gemischter, immer bunter. Es war am Anfang sehr dunkel, es hellt sich langsam auf!“

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„Benaissa war mein erstes deutsches Vorbild!“ (Pu)

Benaissa erzählt mir im Interview von fehlenden Identifikationsmöglichkeiten: „Im Fernsehen waren komische Leute, wie Erkan und Stefan. Ich habe mich ständig beleidigt gefühlt. Irgendwann kam Fatih Çevikkollu, ‚Boah der redet von mir’, dachte ich.“
Auch er selbst ist mittlerweile ein Vorbild für viele. So wie für PU, dem 26-jährigen Deutsch-Iraner, der seit 2009 bei RebellComedy dabei ist. „Benaissa war übrigens mein erstes deutsches Vorbild!“ sagt er und beschreibt den speziellen RebellComedy Humor:
„Der ist komplett anders als der deutsche Mainstream! Der deutsche Mainstream macht sich gerne zum Affen. Bei uns geht das eher nach dem amerikanischen Vorbild: Wir sind einfach wir selbst! Da ist auch ein wenig HipHop-Attitüde dabei und damit repräsentieren wir eine ganz junge Generation. Unsere Generation, d.h. Nachkommen von Migranten oder Leuten, die multikulti aufgewachsen sind. Das sind auch Deutsche, die in ihrem Freundeskreis alles Mögliche mitbekommen haben.“ Pu lässt sich für seinen Stand-up deshalb gerne vom afro-amerikanischen, jüdisch-amerikanischen und latino-amerikanischen Humor inspirieren. Doch ich bin erstaunt, als er mir verrät, dass er ein großer Bewunderer von Cem Yılmaz, dem Nr.1 Comedian der Türkei, ist. „Selbst wenn ich ihn nicht ganz verstehe. Bei dem reicht es auch, wenn man 10% versteht!“ Kennengelernt hat er ihn durch seine vielen deutsch-türkischen Freunde. „Der ist für mich krasser, als die ganzen Amerikaner.“

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„Lachen durchbricht alle Barrieren!“ (Özcan)

Özcan Coşar, der Stuttgarter Quotentürke bei RebellComedy, ist ebenfalls ein Fan von Cem Yılmaz und sagt lachend: „Der Typ ist die Zerstörung, wenn der Deutsch könnte, würde er alles zerfetzen! Ich denke er wäre dann bei uns dabei!“ Özcan ist seit über einem Jahr Mitglied der Familie und beschreibt das Besondere an RebellComedy: „Das man das präsentiert, was man ist. Wir geben unsere Impressionen und das, was wir erlebt haben wieder. Das hat nicht unbedingt mit unserer Herkunft zu tun, das ist etwas was jeder kennt und mit denen unsere Generation aufgewachsen ist.“ Özcan ist aber auch außerhalb der RebellComedy Bühne unterwegs. Er ist seit vier Jahren Comedian und Kabarettist und zurzeit mit seiner ersten eigenen Show „Adam und Erdal. Der Unzertrennliche“ unterwegs. Ihn nerven Leute, die strikt zwischen Dem Türken und Dem Deutschen trennen. „Manchmal sind wir eben deutsch und manchmal sind wir türkisch. Dennoch sind Adam und Erdal unzertrennlich. Sie sind eine Person.“ Er möchte nicht permanent Klischees bedienen, sondern das Publikum mit seinem Humor dazu animieren auch mal über den Tellerrand hinauszuschauen.

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„Ihr sollt wissen wer Tupac ist, verdammter Mist!“ (Benaissa)

Benaissa geht sogar einen Schritt weiter. Er hat dieses Jahr beim RTL Comedy Grand Prix sowie bei NightWash mitgemacht und war zu Gast bei TV total. Seine Erfahrungen sind gemischt: „Mir fiel auf, dass die Leute über andere Sachen lachen. Sie kennen nur Mario Barth oder Michael Mittermeier. Die verstehen es nicht, wenn ich über meinen Opa mit seinem arabischen Gewand rede. Sie wissen nicht was das ist, für die ist das fremd. Ich hab’s die ersten drei Male so gemacht, dass ich mich ans Publikum angepasst habe, weil ich weiß worüber sie lachen werden. Irgendwann habe ich einen Schlussstrich gezogen und Stopp gesagt! ‚Ihr sollt lernen, wer mein Opa im arabischen Gewand ist! Ihr sollt wissen, wer Tupac ist, verdammter Mist! Wie ihr kennt nur MC Hammer und DJ Bobo?!‘ Du hast einen Kampf: entweder du passt dich an oder du erziehst das Publikum. Das sind deine zwei Möglichkeiten.“ Benaissa hat sich für die zweite Möglichkeit entschieden.

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Der Humor von Usus ist am Speziellsten. Sehr trocken und teilweise extrem subtil. Als ich ihn zu seinen Erfahrungen außerhalb der RebellComedy Bühne befrage, erzählt er mir, dass er bei den NightWash Talent Awards 2013 mitgemacht hat: „Bis ins Finale, dann bin ich abgekackt gegen einen Poetryslammer. Ich hasse dich immer noch!“
Gondebak: „Der meint das vollkommen ernst!“
Benaissa: „Ja man! Wenn ihr den nehmt, dann nimmt doch gleich einen Jongleur!“
Usus: „Aber nur für Audio!“
Sein spezieller Humor bei seiner Stand-up-Show wird von vielen erst im zweiten Moment verstanden. Aber seine Fans lieben ihn genau deswegen. Dieses Subtile ist wohl auch der Grund, warum Usus sich nicht mal vor kritischen Themen wie Homophobie oder Politik scheut und diese souverän über die Bühne bringt. Quasi ein Kabarettist im Körper eines Comedian, dessen Vision eines neuen Comedyformats in Erfüllung ging.

Der „kanakische Humor“ von RebellComedy

Das Format von RebellComedy ähnelt tatsächlich sehr dem afro-amerikanischen Stand-up-Comedy. Es ist jung, frisch, teilweise ziemlich heftig, da über jeden und alles hergezogen wird, aber umso authentischer und witziger erscheint. Natürlich werden Witze über Türken und Araber und Kanaken gezogen, auch die Bio-Deutschen kriegen ihr Fett weg. Es werden Klischees bedient, aber gleichzeitig zerstört. Tabuthemen existieren so gut wie gar nicht. Frauen und Männer werden gleichermaßen auf die Schippe genommen. Kulturelle Einflüsse und Eigenheiten bieten die Grundlage für den „kanakischen Humor“.
Nur Benaissa hat ein explizites Tabuthema:
„Ich sage nix mehr über Ameisen, die haben mich überfallen! Ich hab einmal einen Ameisen-Witz gemacht, am nächsten Tag waren in meinem Zimmer überall Ameisen! Und während sie mich gestochen haben, sagten sie ‚Warum disst du immer die A-meisen? Mach mal was gegen die B-Meisen und C-Meisen!’“
Ich muss ihn unterbrechen, weil die Story sonst endlos weitergehen würde und Gondebak und Usus ihn dabei unterstützen. So was passiert halt, wenn man mit mehreren Comedians gleichzeitig ein Interview führt. Sie schweifen häufig vom Thema ab, zwischendurch wird gesungen und Insiderwitze gerissen. Gondebak besänftigt mich: „Du wirst dir diese Audiodatei später anhören und dich jedes Mal kaputt lachen. Ein Stand-up nur für dich!“ Er hat Recht! Als Krönung beendet Benaissa das Interview mit einem Lied von Tarkan und singt mit voller Leidenschaft und einem kaputten Türkisch: „Seni gidi fındık kıraaan, yılanı deliğinden çıkaraaaaan muaaah muaaah“ Ich lache jedes Mal auf’s Neue, wenn ich mir die Audiodatei anhöre.

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Im Januar geht’s weiter mit der Tour! Doch die Tickets sind heiß begehrt und weil die komplette Tour bereits Wochen im Voraus ausverkauft war, gibt es Ende Januar zwei Zusatzshows in Frankfurt a.M. und Münster.

Wer sie nicht live erleben kann, kann auch die aktuelle DVD bestellen.

Und wer denkt, dass er talentiert ist und den Rebellen seinen Stand-up zeigen möchte, kann sich gerne erst per Mail bei ihnen melden und dann auf ihrer offenen Bühne in Köln vorstellen!

Weitere Eindrücke und Informationen von RebellComedy erhaltet ihr auf ihrem aktuellen Tourtrailer und ihrer Facebookseite!

Credits
Text: Saliha Kubilay
Fotos: Mirza Odabaşı und Havva Avci (Fotos während des Interviews)

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