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Essen & Trinken

Türkisch für Feinschmecker

Deniz Julia Güngör führt in die türkische Sprache und Küche ein

In keinem anderen Atelier wird so häufig gekocht wie im Kanal in Berlin-Neukölln. Seit vier Jahren steht der Kanal denjenigen offen, die einen Freiraum für Kunst, Design, Handwerk, Sprache oder eben Kochen suchen. Die Besetzungen wechseln. Nur noch ein Gründungsmitglied ist heute dabei, das schon viele Menschen hat kommen und gehen sehen, ob aus Israel oder Italien. Manchmal verirren sich aber auch Berlinerinnen in den Kanal und finden ein kreatives Zuhause. Deniz Julia Güngör ist so eine Berlinerin. Im vorderen Teil des Ateliers bietet sie ihren kulinarischen Sprachkurs Türkisch für Feinschmecker an.

Es ist Samstagabend, 48 Stunden Neukölln findet statt, ein Festival, zu dem mehrere Ausstellungsräume einladen. Die Straßen sind voll, von der Weserstraße über den Hermannplatz bis in den Schillerkiez, es gibt Bier und Kunst. Der Kanal nimmt zwar nicht offiziell am Festival teil, seine Türen stehen aber trotzdem offen und es gibt ein Programm. Vor dem Atelier gibt ein französisches Duo einige Songs zum Besten, drinnen werden Grafiken und Collagen ausgestellt – und es wird gekocht.

„Ihr könnt gerne mitmachen“ sagt Deniz, „es gibt Mantı.“ An der Arbeitsplatte stehen fünf angehende Experten für die türkische Küche und rollen Hackbällchen. Die Hackbällchen werden in Teig gehüllt und anschließend gekocht. Man nennt Mantı auch türkische Tortellini. Die Stimmung ist ausgelassen, die improvisierte Küche gut besucht, es riecht nach Zwiebeln und Minze. Deniz ist die Chefköchin, sie jagt zwischen Herd und Arbeitsplatte hin und her. „Ich weiß nicht mehr wie ich darauf gekommen bin, Sprache und Kochen zusammenzubringen.“ Deniz überlegt kurz. „Aber es ist doch irgendwie logisch, Sprache und Essen verbinden Menschen, man lernt eine Sprache besser, wenn man sie mit allen Sinnen aufnimmt.“

Das Konzept zu Türkisch für Feinschmecker stammt von Deniz, die Lehrmaterialien werden von ihr selbst entwickelt. Deniz ist ausgebildete Turkologin. In ihrer Magisterarbeit hat sie sich mit den türkischen Bezeichnungen für Teile von Schlachttieren beschäftigt. Es ist ihr also schon seit Längerem ein Anliegen, Sprache und Küche zu kombinieren. Das heißt nicht, dass in Türkisch für Feinschmecker beide Elemente denselben Stellenwert haben. „Das ist ganz klar“ betont Deniz, „Türkisch für Feinschmecker ist in erster Linie ein Sprachkurs, die türkische Sprache wird mithilfe der türkischen Küche vermittelt.“ Deniz‘ Lehrangebot orientiert sich am offiziellen europäischen Rahmen für das Erlernen von Fremdsprachen. Das heißt, dass man das Niveau A1 für Anfänger belegen kann. Wer nach der Beendigung eines sechswöchigen Kurses oder eines intensiven Wochenend-kurses systematisch weiterlernen möchte, kann daran anknüpfen.

Türkische Tortellini

Nicht einfach nur Döner
Mittlerweile sind die Mantı im Topf, die Besucher des Ateliers warten gespannt. Alle kommen rein, es hat sich herumgesprochen, dass es Essen gibt. Niemand weiß, was genau auf den Tisch kommt, aber es riecht gut. Darin liegt eine andere Besonderheit von Türkisch für Feinschmecker: Die Teilnehmer des Kurses kochen Gerichte, die sie vorher nicht unbedingt kennen. In Berlin gibt es überall türkisches Essen, gerade in Neukölln. Jeder kennt Döner oder Köfte. Aber was ist mit Mantı? Da hört es für Viele auf. Deniz kocht mit ihren Schützlingen Gerichte, die man in Berlin nicht an jeder Straßenecke bekommt, die aber trotzdem wichtig und charakteristisch für die türkische Küche sind.

„Sprache und Essen“ sagt Deniz, „haben etwas gemeinsam: beides ist kulturspezifisch, aber global.“ In Türkisch für Feinschmecker taucht Deniz tief in die Bedeutungsschwere des Türkischen ein. Ihren Schülern gefällt das besonders gut. Das Kulturspezifische im Türkischen zeigt sich schön anhand der Namen der Gerichte. Eine gefüllte Aubergine ist auf Türkisch: Der Imam fiel in Ohnmacht – Imam bayıldı, eine beliebte Nachspeise sind Wesirsfinger – Vezir parmağı. Als Turkologin kann Deniz die Geschichten hinter solchen Namen besonders gut erzählen. Um in den Genuss dessen zu kommen, müsse man sich aber schon in ihren Kurs setzen, erklärt Deniz. Mehr verrät sie vorerst nicht.

Es wird serviert. Jeder kriegt ein Schälchen mit Mantı und Joghurtsoße. „Guten Appetit.“ Die Hüllen fallen, Menschen, die sich nicht kennen, kommen einander näher. Essen verbindet. Das kann helfen, wenn man gemeinsam eine Sprache lernen möchte. Deniz hat recht. Die Besucher des Kanals lächeln und prosten einander zu, es scheint allen zu schmecken. Deniz ist zufrieden. Sie steckt immer noch viel Gedankenarbeit und Herzblut in Türkisch für Feinschmecker. Dass ihre Besucher und Schüler so glücklich schmatzen, hört sie daher gerne.

Fotos: Philipp Fritz, Deniz Julia Güngör

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